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  • | 04.04.2005 18:15

Zitat:
Laser feuerte ins Leere

Tuning-Unfall, der Freitag danach: Viel Polizei, viele Tuner, keine Raser - Mit Fotos zum Thema

VON CONRAD SCHORMANN (TEXT) UND THOMAS STARKE (FOTOS)

Bielefeld. Marco hat RTL ein Interview gegeben. Jetzt schimpft er wie ein Boulevardopfer, dargebracht am Altar der Quote. "Tote bei Renn-Unfall" blieb hängen, und Marco war mittendrin mit seinem 1977er-Kadett. Den hätte er lieber im Fernsehen gesehen, am liebsten die Front von schräg unten. "Aber seitlich."

Auf dem Obi-Parkplatz an der Eckendorfer Straße haben sich einige Medienkritiker mit verschönerten Autos versammelt. Auf die Polizei schimpfen sie und auf "die Presse", die seit Freitag überall durchgeknallte Raser in aufgemotzten Karossen wittert.

Obi-Parkplatz war die falsche Fährte. Klar, gegen einen anderen "gedrückt" hat jeder mal, "das gebe ich zu", ergänzt mancher, als wäre er angeklagt. "Aber nur den ersten und zweiten Gang hochgezogen. Dann sieht man ja, wer vorne ist." Als erster vor dem anderen zu sein, darum gehts bei einem Rennen, nicht darum, mit 140 Sachen durch die Innenstadt zu donnern.

"113 ist der Rekord heute Abend", sagt Polizeikommissar Sebastian Groß, der seinen Laser auf die Herforder Straße gerichtet hat, den roten Punkt im Visier auf Nummernschilder heftet und abdrückt. 19 Treffer in drei Stunden, 200 Meter vor dem Ort des Unfalls und der Aral-Tankstelle, einem der Treffpunkte der Tuning-Szene.

Der Tankstellenpächter hat seinen Hof mit Bullis zugeparkt und die Polizei den Bürgersteig gesperrt. Im Tankstellenshop kaufen vor allem Polizisten ein. "Nicht viel los, das hab’ ich geahnt", sagt Polizeikommissarin Birgit Wachtmann, während gerade die tiefen und breiten Autos mit Strich 70 an der Laserkanone vorbeirollen. Insgesamt knapp 100 zu schnelle Autofahrer erwischt die Polizei in dieser Nacht – überwiegend Leute, die ihr Auto nicht schneller und schöner gemacht haben. Die halten sich zurück.

Auf der anderen Straßenseite ist vor einer Woche am "Car-Freitag" ein tiefer, breiter Opel Corsa in eine 70-köpfige Menge gefahren. Eine 25-jährige Altenpflegerin starb, ihr Freund liegt im Koma. Die Polizei stand gegenüber, und darum steht sie heute unter Beobachtung.

"Alles Personal zusammengekratzt", sagen Kollegen, habe Einsatzleiter Dirk Zühlke für den Freitag danach, quer durch die Abteilungen. Beamte der Hundertschaft, die morgen früh Fußballfans bändigen müssen, schießen heute Nacht mit der Laserpistole auf Nummernschilder. "Unser Konzept taugt, wir werden davon nicht abweichen", sagt Polizeirat Zühlke und erinnert an die 90er-Jahre, als hunderte die Rennstrecke Detmolder Straße säumten.

Heute sollen die mobilen Lasertrupps immer wieder den Standort wechseln. Auf der B68 in Quelle beobachten Polizisten, "was reinkommt" aus Osnabrück, der Tuning-Hauptstadt. Nach 20 Uhr flackert auf der Eckendorfer, Herforder und Detmolder Straße Blaulicht: Wer in einem getunten Auto unterwegs ist, sieht die Kelle. Vier Autos legt die Polizei still, weil die Besitzer die breiten Reifen oder den Sportauspuff nicht haben eintragen lassen.

Auch auf dem Obi-Parkplatz schaut die Polizei vorbei und trifft dort vor allem Mitglieder des Bielefelder Tuning-Forums. Martin Schilling, der Moderator, hatte der Polizei "Zusammenarbeit" angeboten. Das mochten die Ordnungshüter nicht ablehnen, annehmen auch nicht.

Denn wo sich die Tuning-Freunde treffen, tauchen unweigerlich "schwarzen Schafe" auf, "18-, 19-Jährige mit ihren Polos", und provozieren Rennen. "Aber wenn die uns hier vertreiben", sagt Schilling, "fahren wir halt woanders hin". Das hat er auch der Polizei gesagt, und die lässt die Obi-Szene in Ruhe. Wieder mal hinterherfahren wäre die Alternative.

Marco wird die Polizei nicht hinterherfahren. Sein 1977er-Kadett steht daheim. "Komplett zerlegt" hatte er den Wagen und dann in monatelanger Arbeit neu aufgebaut. Jetzt sieht er besser aus als jemals und liegt sieben Zentimeter über dem Asphalt. "Legal", sagt Marco, EU-Gesetz für Autos, gebaut vor 1982. Trotzdem misst die Polizei mit Acht-Zentimeter-Holzklötzen.


Quelle:
www.nw-news.de
Datum:
04.04.2005

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