Tuningszene weiter unter Polizeiaufsicht


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  • | 12.03.2007 13:33

Drei Monate nach dem tödlichen Unfall in Bielefeld
Von Markus Rinke


Aufheulende Motoren, wummernde Musik und manchmal ein Kavalierstart: Wenn sich die Tuning-Szene in Bielefeld trifft, ist die Polizei dabei. Doch das Verhältnis ist - drei Monate nach dem tödlichen Unfall am Karfreitag - gespannt.


Freitagabend, 21 Uhr auf einem großen Parkplatz am Stadtrand von Bielefeld. Ein kleiner Teil der Tuning-Szene hat sich inzwischen versammelt. Die jungen Leute sind mit ihrem Golf, Astra oder Corsa da. Alle Autos sind tiefer gelegt, haben breite Reifen, andere Scheinwerfer oder Spoiler. Und alle Wagen sind durchweg blitzsauber gewaschen. An manchen Abenden stehen hier weit über einhundert Autos.

Die gleiche Zeit, der gleiche Parkplatz, etwa 50 Meter von den Fahrern entfernt: Die Polizei ist mit drei Streifenwagen präsent. Die Beamten beobachten die Szene. Auf der Wache bereitet sich die nächste Schicht darauf vor, nach Rasern zu suchen. Seit dem tödlichen Unfall am Karfreitag (25.03.2005) ist die Polizei jeden Freitag im Sondereinsatz.


"Wir fühlen uns verarscht"

Die Tuning-Szene ist auf diese Aktionen nicht gut zu sprechen. "Wir fühlen uns verarscht", erklärt Martin Schilling, der auch ein Internetportal betreibt. "Alle Leute, die hier stehen, wollen ihre Ruhe haben." Einige fühlen sich von der Polizei schikaniert. Fast jeder hat eine Geschichten auf Lager, bei der er sich ungerecht behandelt fühlt. Die Polizei suche nach Fehlern, obwohl alle Änderungen im Fahrzeugbrief eingetragen seien. Nein, wer sein Auto aufmache, sei noch lange kein Raser, erklärt Martin Schilling. Schnell fahre er nur auf der Autobahn. Außerdem gebe es viele Autos, die breiter und tiefer sind und dabei gerade mal 35 PS hätten. Sie tunen ihre Autos aus Spaß, und weil es besser aussehe, sagen sie. Und immer wieder kommt der Vergleich mit Serienfahrzeugen: "Wenn wir mit 30 km/h durch die 30er Zone fahren, heißt es, 'Guck mal der Raser'. Wenn aber einer mit der S-Klasse 50 km/h fährt, sagt keiner was. Unsere Autos sind einfach lauter", erklärt ein Autofan. Das Beispiel von der schnelleren Serienlimousine und dem "Opi, der durch die Stadt heizt", wird häufig angeführt.


Mit 150 km/h durch die Stadt

Tasächlich gehen der Polizei bei den nächtlichen Geschwindigkeitsmessungen nur wenige junge Raser ins Netz. Auch Polizeihauptkommissar Peter Gennrich weiß, dass er zwischen Tunern und Rasern unterscheiden muss: "Ein Großteil der Tuning-Szene schmückt die Autos durch Umänderungen auf, die größtenteils verkehrsgerecht sind." Auf der Jagd sei die Polizei nur nach den schwarzen Schafen: "Die meinen, im öffentlichen Verkehrsraum die Sau rauslassen zu können, was verheerende Folgen haben kann." An diesem Abend erwischen die Beamten einen jungen Erwachsenen mit 150 Stundenkilometern in der geschlossenen Ortschaft.

Bis in die späte Nacht ist die Polizei unterwegs, kontrolliert Autos. "Indem man den Leuten auf den Füßen steht und durch die Geschwindigkeitskontrollen versuchen wir zu verhindern, dass es zu illegalen Autorennen kommt." Die Polizei ist sich klar darüber, dass man spontane Rennen zwischen den Ampeln nie ganz unterbinden kann. Aber zumindest seit dem Unfall sei ihre Zahl in Bielefeld abgeebbt. Probleme mit der Raserszene gebe es dennoch weiterhin.


Raser fliegen raus

Auf dem Parkplatz am Stadtrand sehen das die Autofans anders. Illegale Autorennen habe es in Bielefeld das letzte Mal vor einigen Jahren gegeben, so die einhelligen Aussagen. Schließlich kenne die Polizei die Treffpunkte der Szene. Martin Schilling hat sich die Erlaubnis vom Inhaber des Parkplatzes eingeholt, sich dort zu treffen. Auf Wunsch der Polizei wird der genaue Ort nicht auf seiner Internetseite genannt, um nicht potenzielle Raser von außerhalb anzulocken. Und wenn in seinem Forum über Raserei geschrieben werde, würden diese Beiträge sofort gelöscht, beteuert er. Bei so viel Verständnis hätte er sich mehr Entgegenkommen der Behörden gewünscht. "Wir hatten hier eine Pommesbude, die bis in die Nacht geöffnet war. Denen ist die Konzession entzogen worden." Jetzt fahren die Fans wieder zum Schnellimbiss. Und wenn die Polizei den Druck noch weiter erhöhe, dann werde sich die Szene sich vermutlich wieder woanders treffen - ohne Polizeiaufsicht. Und dann könne es auch wieder zu Rennen kommen, vermutet Martin Schilling. Er will für nichts garantieren: "Die Tuning-Szene gibt es seit zwölf Jahren, die werden uns auch im 13. Jahr nicht vertreiben. Wir kennen uns jahrelang, und das sind mindestens 95 Prozent, die nicht rasen."


Quelle:
http://www.wdr.de/themen/panorama/unfall03/illegales_autorennen/050627.jhtml?rubrikenstyle=panorama
Datum:
27.06.2005

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