Urteil: Wenn's der Beifahrer nicht geschnallt hat

| 23.03.2020


Doch Vorsicht: Auch wenn man nicht selbst am Steuer sitzt, bewegt man sich nicht in einem rechtsfreien Raum. Also gleiches Recht für alle.

Das gilt ganz besonders beim Thema Sicherheitsgurt. Denn nicht angeschnallte Beifahrer kann eine Mitschuld bei Unfällen treffen. Wie hoch dieses Mitverschulden im Ernstfall ist, muss anhand der Unfallumstände festgestellt werden. Es kommt dabei nicht allein darauf an, welche Verletzungen angeschnallt nicht eingetreten wären. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Rostock (AZ: 5 U 55/17).

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Wer in einem Auto sitzt, sollte sich immer anschnallen. Denn nicht angeschnallte Personen kann eine Mitschuld bei Unfällen treffen.

Die damals 16-jährige Frau saß hinten im Auto und war nicht angeschnallt. Der 21-jährige Mann fuhr 100 statt der erlaubten 80 km/h und kollidierte mit einem Baum. Der Fahrer und die Mitfahrerin wurden schwer verletzt. Der Beifahrer verstarb noch vor Ort. Die Frau ist seitdem schwerbehindert und benötigt rund um die Uhr Betreuung. Von der Haftpflichtversicherung des Fahrers erhielt sie ein Schmerzensgeld von 30.000 Euro. Sie verlangte aber mindestens 320.000 Euro sowie eine Schmerzensgeldrente von mindestens 500 Euro monatlich.

Das Landgericht hatte die Klage zunächst noch abgewiesen. Es stellte fest, dass sie einen wesentlichen Teil der Verletzungen nicht erlitten hätte, wenn sie angeschnallt gewesen wäre. Das Oberlandesgericht sah dies jedoch differenzierter. Demnach habe die Frau Anspruch auf Schmerzensgeld, eine monatliche Schmerzensgeldrente, Verdienstausfall sowie weiteren Schadensersatz.

Allerdings müsse der Mitverschuldensanteil angerechnet werden. Bei der Berechnung reiche es aber nicht aus, nur auf die Verletzungen abzustellen, die ein Anschnallen verhindert hätte. Es müsse vielmehr eine Gesamtbetrachtung der Schadensentstehung und eine Abwägung aller Umstände erfolgen. In diesem Fall berücksichtigte das Gericht auch den Anteil des Unfallverursachers. Er habe die zulässige Geschwindigkeit von 80 km/h deutlich überschritten. Daher sei sein Anteil mit zwei Dritteln zu berechnen. Die genauen gesundheitlichen Folgen und auch die Verdienstchancen der Frau müssten dann im Einzelfall überprüft werden. Sie hafte zu einem Drittel. mid/rlo Bildquelle: Volvo






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