Vor 60 Jahren entstand die größte Bugatti-Sammlung

| 29.04.2020


Vor 60 Jahren entsteht die größte Bugatti-Kollektion der Welt. Schlumpf kauft 1928, mit gerade 22 Jahren, seinen ersten Bugatti, fährt damit am Wochenende und bei Autorennen mit. Der Auto-Enthusiast hält den Kontakt zum Elsässer Unternehmen Bugatti in den nächsten Jahren, auch wenn seine Sammelleidenschaft erst ab 1961 richtig ausbricht.

Schlumpf arbeitet als Makler für Wolle, 1929 steigt sein zwei Jahre älterer Bruder Hans mit ins Textil-Unternehmen ein. 1935 gründen sie SocieteAnonyme pour l'Industrie Lainiere (SAIL), eine Aktiengesellschaft, die mit Wolle handelt. Die Brüder kaufen nach Kriegsende mehrere Fabriken und Spinnereien im Elsass auf, bis sie die Textilindustrie im Osten Frankreichs fast völlig dominieren. 1957 erwerben sie im elsässischen Mühlhausen eine stillgelegte Wollmanufaktur, um dort ihr eigenes Automobilmuseum zu errichten.

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Bei der Zug-Verladung: ein Type 55 aus dem Jahre 1932.

Ab 1961 erwirbt er viele klassische Fahrzeuge und steigt damit zum bedeutendsten Bugatti-Sammler auf. Um das zu erreichen schreibt Schlumpf Anfang der 1960er-Jahre Bugatti-Besitzer weltweit an. Die Adressen erhält er aus einem Register von Hugh Conway des britischen Bugatti Owners Club, der ihm 1962 einen Kontakt zum amerikanischen Sammler John W. Shakespeare aus Hoffman, Illinois, Amerika, herstellt.

Shakespeare widmet sich schon seit den 1950er-Jahren Bugatti-Fahrzeugen, sein erstes Auto ist ein Bugatti Type 55 von 1932, dazu kommen ein Type 41 Royale Park Ward, das dritte und letzte Kundenfahrzeug, zwölf Type 57, drei Type 55 sowie Ettore Bugattis persönliches Elektro-Auto Type 56 von 1931. Insgesamt besitzt Shakespeare mit etwa 30 Bugatti-Fahrzeugen die größte Bugatti-Sammlung weltweit.

Schlumpf muss diese Autos einfach haben, er bietet Shakespeare pauschal 70.000 US-Dollar an. Der fordert mindestens 105.000 Dollar, worauf Schlumpf 1963 die Sammlung von dem Bugatti-Kenner Bob Shaw aus Illinois prüfen lässt.

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Darfs ein bisschen mehr sein? Am 30. April 1964 werden 30 Bugattis in einen Zug der Southern Railway verladen.

Shaw kommt zu einer wenig schmeichelhaften Einschätzung. "Die meisten Autos befinden sich in einem Teil des Gebäudes mit einem schmutzigen Boden, zerbrochenen Fenstern, undichtem Dach und nistenden Vögeln. Jedes Auto ist in irgendeinem Zustand der Demontage und seit mindestens 18 Monaten ist keines von ihnen gelaufen." Der Experte rät vom Kauf ab, doch Schlumpf hat sich in die Verhandlung verbissen, bietet nun 80.000 Dollar für alle Fahrzeuge.

Nach zähen Verhandlungen, gegenseitigen Drohungen und Erpressungen, einigen sich Schlumpf und Shakespeare ein Jahr später auf die Kaufsumme von 85.000 Dollar (aktuell etwa 720.000 Dollar) inklusive dem Transport nach Frankreich. Aus heutiger Sicht ein mehr als gutes Geschäft, ein wahres Schnäppchen.

Am 30. März 1964 verlassen die 30 Bugatti-Fahrzeuge auf einem Zug der Southern Railway Illinois Richtung New Orleans, um dort auf ein niederländisches Frachtschiff verladen zu werden. Ein Foto zeigt den offenen Zug mit den vielen seltenen Fahrzeugen. Wenige Wochen später erreicht der Frachter den französischen Hafen Le Havre, wo Fritz Schlumpf seinen Schatz entgegennimmt. Damit hat er das Ziel, der größte Bugatti-Sammler zu werden, erreicht.

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Prunkstück: der Bugatti Type 41 Royale Park Ward. Er steht noch heute in der Cite de L'Automobile im elsässischen Mülhausen.

Allerdings hält die Freude über die schönen Autos nur wenige Jahre an, die Brüder Schlumpf haben wenig Gelegenheit, ihre einzigartige Autosammlung zu genießen: Großflächige Streiks nach ihren fragwürdigen Geschäftspraktiken und der Niedergang der französischen Textilindustrie in den 1970er-Jahren veranlassen sie zur Flucht in die Schweiz. Die Geschichte der verblüfften Arbeiter, die 1977 den heimlich angehäuften Schatz finden, geht in die Automobilgeschichte ein.

Geblieben sind die exklusiven Fahrzeuge in einer außergewöhnlichen und einzigartigen Ausstellung: Mitten im Elsass, in Mülhausen, befindet sich heute die größte Automobilausstellung der Welt: die "Cite de L'Automobile Nationalmuseum Collection Schlumpf", die Sammlung Schlumpf. Auf über 25.000 Quadratmetern stehen 400 der wertvollsten, prachtvollsten und seltensten Autos der Welt - darunter rund 100 Bugatti-Modelle, wie zwei der nur sechs gebauten Bugatti Type 41 Royale. Eine wahrhaft königliche Kollektion. mid/wal Bildquelle: David Gulick / Bugatti Bildquelle: Bugatti






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