Toyota Camry im Test: Das gute Gewissen fährt immer mit

| 20.07.2020


Nach 15-jähriger Abwesenheit bringen die Japaner ihr Erfolgsmodell (knapp 20 Millionen verkaufter Exemplare weltweit) wieder nach Deutschland - ausschließlich als Hybridmodell mit 218 PS. Der Motor-Informations-Dienst (mid) hat die Stufenheck-Limousine im Alltag getestet.

Dank kurzer Überhänge streckt sich der neue Camry fast schon endlos in die Länge wie eine Raubkatze. Die Vorderfront mit den über die ganze Breite fließenden Lamellen und der V-förmigen Kühlerspange sieht verwegen aus. Ein starker Auftritt, den man so sonst nur von der Konzernschwester Lexus kennt. Außen ein Auto für Feinschmecker, innen ein Fahrzeug mit optischer Hausmannskost. Zwar sollte man in Betracht ziehen, dass der Camry Executive mit einer prallen Ausstattung daherkommt und mit knapp 43.000 Euro im Vergleich zu seinen Mitbewerbern knapp kalkuliert ist. Aber ein bisschen mehr Schick hätte schon sein dürfen.

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Das kennt man sonst nur von der Konzernschwester Lexus: Der Camry wartet mit einer markanten Front auf.

Der acht Zoll große Touchscreen für alle wesentlichen Funktionen des Infotainment-Systems ist dafür voll im Cockpit integriert. Die Menüführung wirkt übersichtlich, ist es aber nur bedingt. Manche Funktionen müssen immer noch über das Kombi-Instrument gesteuert werden, das zwischen Tacho und Leistungsanzeige platziert ist.

Den Camry gibt es nur mit einer einzigen Motorisierung als Benziner mit Elektro-Unterstützung. Ein wenig nervig ist die Toyota-Hybrid-Architektur. Vereinfacht gesprochen läuft der Verbrenner bei hoher Lastanforderung auch im hohen Drehzahlbereich, um die Energie möglichst effizient zu nutzen. Beim moderaten Fahren merkt man das kaum. Will man allerdings beschleunigen, dann jault der Motor über lange Strecken im hochfrequenten Bereich.

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Raubkatze aus dem Fernen Osten: Dank der kurzen Überhänge streckt sich der Camry elegant in die Länge.

Das ist eine echte Spaßbremse, führt aber zwangsläufig dazu, dass man nicht häufiger als nötig auf das Gaspedal drückt und damit automatisch verbrauchsarm fährt. Die vom Hersteller angegebenen 5,3 Liter blieben zwar in weiter Ferne - tatsächlich schluckte der Camry 6,1 Liter. Allerdings waren kaum Stadtfahrten darunter. Und gerade beim Stop-and-Go-Verkehr entfaltet so ein Hybridsystem seine ganze Stärke. Verbräuche um die vier Liter dürften im Stadtverkehr möglich sein.

Wer eine durchzugskräftigere Beschleunigung möchte, der ist beim Toyota Camry falsch Mit 8,3 Sekunden von 0 auf Tempo 100 liegt die Fernost-Limousine eher im mittelprächtigen Bereich. Das Systemdrehmoment von 400 Newtonmeter (Nm) hingegen macht Laune. Wenn der 178 PS-Benziner gemeinsam mit dem 120 PS starken E-Motor an einem (Antriebs-)Strang zieht, ist zumindest im unteren Drehzahlbereich für ausreichend Spaß gesorgt.

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Angenehme Reise-Limousine mit mildem Hybrid: der Toyota Camry.

Im Gegensatz zu einem so genannten Plug-in-Hybrid kann der Camry nicht aufgeladen werden. Er versorgt sich beim Rekuperieren zwar immer wieder selbst mit neuer Energie, kann aber keine langen Strecken rein elektrisch zurücklegen. Insgesamt soll der Anteil der elektrischen Unterstützung laut Toyota aber bei 50 Prozent liegen. Dass man mit zwei Maschinen fährt, bemerkt man im Alltag kaum, die Aggregate spielen sehr geschmeidig zusammen. Sehr angenehm ist das elektrische Fahren, das man auch über eine spezielle Taste erzwingen kann, wenn man in der Tiefgarage unterwegs ist oder frühmorgens leise aus der Garage rollt, ohne die Nachbarn wecken zu wollen.

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Gelungener Abgang: Die feinen Linie des Camry-Designs setzen sich auch am Heck fort.

Angenehm ist auch die Geräuschentwicklung - respektive deren Unterdrückung. Der Motorraum ist so gut gedämmt, dass man beim Fahren fast nur Wind- (die allerdings laut) und Reifengeräusche hört. Es sei denn, man drückt das Gaspedal voll durch - siehe oben. Fahrwerk und Federung entsprechen ebenfalls dem Standard einer gehobenen, aber gelassenen Limousine. Und trotzdem haben die Japaner ihrem meist verkauften Auto einen sportlichen Charakter eingehaucht. Das Fahrwerk ist so fein abgestimmt, dass sich der Camry recht flott durch die Kurven jagen lässt. Natürlich nur im Bedarfsfall, denn der Komfort steht ja bei einer Limousine im Mittelpunkt.

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Die Ladekante liegt sehr hoch, immerhin passen in den Kofferraum 524 Liter.

Die Konzentration auf Komfort hätte man den Toyota-Entwicklern auch beim Thema Kofferraum gewünscht. Der ist zwar mit 524 Liter durchaus im ordentlichen Bereich. Aber schon bei der Ladehöhe von knapp 70 Zentimetern wird es unbequem. Wenn es nur das wäre: Auch die hohe Ladelippe (16 Zentimeter) zwingt zu unnatürlichen Armbewegungen, die eigentlich ins Fitnessstudio gehören.

Das mid-Fazit: In Sachen Verbrauch und Bequemlichkeit hat der Camry Höchstnoten verdient. Und auch das Preis-Leistungsverhältnis liegt mit 42.390 Euro in einem vernünftigen Bereich. So gewöhnungsbedürftig die hybride Antriebs-Architektur auch sein mag: Aus dem Umwelt-Blickwinkel macht sie Sinn. Das gute Gewissen fährt beim Camry immer mit.

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Der Innenraum präsentiert sich aufgeräumt. Geschmackssache ist der goldbraune Kunststoff, der nur hölzern, aber nicht wie Holz wirkt.

Technische Daten Toyota Camry Executive:

- Motor: Reihen-Vierzylinder Benziner + Elektromotor

- Hubraum: 2.487 ccm

- System-Leistung: 160 kW/218 PS

- System-Drehmoment: 400 Nm

- Getriebe: Stufenloses Automatik

- Antrieb: Front

- Länge / Breite (mit Außenspiegeln) / Höhe: 4,89 m / 2,13 / 1,45 m

- Leergewicht: 1.595 kg

- Kofferraum: 524 l

- Beschleunigung 0 - 100 km/h: 8,3 s

- Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h

- Verbrauch: 5,3 l

- CO2: 119 g/km

- Preis ab 42.390 Euro mid/rubö Bildquelle: Toyota






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