Audi e-tron S: Reichlich Mumm aus drei Motoren

| 26.07.2020


Wenn die Kundschaft dann freudig nickt, zaubert der Autohersteller eine Variante mit mehr Mumm aus dem Marketing-Hut. Offensichtlich setzt sich dieses Fragespiel bei den rein elektrisch betriebenen Audi-Modellen fort. Insofern ist es absolut logisch, dass den beiden e-tron 50 und 55 jetzt der potentere e-tron S zur Seite gestellt wird.

Das bedeutet nicht, dass die Basis der e-tron-Baureihe hoffnungslos untermotorisiert über die Straße rollt: Mindestens 230 kW sind an Bord (313 PS). In der nächststärkeren Stufe bringen es die beiden Elektromotoren bereits auf 265 bis 300 kW. Im e-tron S gesellt sich nun ein dritter E-Motor dazu und sorgt für weitere Muskeln, sodass der Leistungsprüfstand den gesamthaften Höchstwert von 370 kW (503 PS) meldet.

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Lautloser Sprinter: Mit seinen drei bärenstarken Elektromotoren ist der Audi e-tron Sportback hurtig unterwegs.

Dieser Spitzenwert ist in der sogenannten "Boost-Funktion" für acht Sekunden abrufbar. Beim Drehmoment lässt sich der e-tron S ebenfalls nicht lumpen, denn mit 973 Newtonmeter kratzt er an der Tausendermarke. Ohne den Boost sind es 320 kW und 808 Newtonmeter. Falls nötig, sprintet der Elektro-Bolide in 4,5 Sekunden von 0 auf 100 und gerät mit seiner ruckartigen Beschleunigung zur Herausforderung für die Nackenmuskulatur der Insassen. Als Höchstgeschwindigkeit notiert das Datenblatt abgeregelte 210 km/h.

Klar, dass diese Leistung irgendwie gebändigt werden muss. Darum kümmert sich - gemessen am Preis des e-tron S - ein hochbezahltes elektronisches Leistungsmanagement, das nicht nur die drei Antriebsquellen, sondern auch jedes einzelne Rad im Griff hat. Blitzschnell gleicht es alle Informationen ab, um nur so viel Dampf zuzulassen, der von den Reifen individuell noch verdaut wird.

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Sportliche Linie: Die Sportback-Variante verleiht dem Elektro-SUV die Eleganz eines Coupes.

Sollte es auf glitschigem Boden nötig sein, die Hinterachse wie bei einem Sperrdifferenzial komplett zu sperren, dann laufen die beiden Motoren an der Hinterachse einfach synchron. Oder in Kurven wird die Leistung zielgerichtet so verteilt, dass das Rad mit der besten Bodenhaftung bevorzugt wird. In der Sprache der Ingenieure heißt dieses Spiel der perfekten Balance "Torque Vectoring". Meist arbeitet der e-tron S als lupenreiner Hecktriebler, lediglich dann, wenn die Vorderachse als Korrektiv für zusätzliche Traktion benötigt wird, bekommt sie etwas vom gesamten Mumm ab.

Faszinierend, wie diskret Antrieb und Regeltechnik zu Werk gehen: Die Motoren summen allenfalls leise vor sich hin, wenn man sie überhaupt aus dem Klangbild der Fahrgeräusche aus abrollenden Reifen und anströmendem Wind heraushört. Um die Arbeit der Steuerelektronik zu erfühlen, braucht es schon eine zumindest teilweise glatte Piste. Auf trockener Straße lässt sich nur beim plötzlichen Beschleunigen am Scheitelpunkt enger Kurven erahnen, was im Keller der Karosserie abgeht: Mit einem Hauch an Übersteuerungstendenz signalisiert die Hinterachse, dass sie momentan das Machtmonopol besitzt.

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Unterscheidungsmerkmal: Der S hebt sich optisch vom Basis-e-tron nicht nur mit dickeren Nüstern und breiteren Radläufen ab.

Wie auch immer Momente und Leistungen von der Elektronik zugemessen werden: Der vom Motor-Informations-Dienst (mid) gefahrene e-tron Sportback macht, was er soll. So wirkt das Fahren immer spielerisch leicht. Keineswegs überrascht der elektrische Kraftmeier mit irgendwelchen Tücken, mit denen er den Fahrer überraschen würde.

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Leitwerk: Die dezente Spoilerlippe am Heck gibt den Hinweis auf die starken Herzen des Elektroautos.

Da die Kundschaft für das S-Modell sich ganz bewusst für das Plus an Leistung entscheidet, wird sie es verschmerzen, dass die Reichweite gegenüber dem Basismodell bereits auf dem Papier um etwa 80 Kilometer schmilzt. Nach WLTP-Zyklus (vorläufige Werte) errechnen sich noch 360 Kilometer bis die Batterie leergesaugt ist (Sportback: 365 Kilometer). Das ist in der Praxis kaum erreichbar. Und wer am häufiger "Boosten" seinen Spaß hat, wird entsprechend noch früher nach einer Ladesäule Ausschau halten müssen. Die höhere Leistung und der dritte E-Motor fordern bei gleicher Batterie-Kapazität (95 kWh) dann eben ihren Tribut.

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Blick nach vorn: Das aufgeräumte Cockpit setzt sich bei der Version mit den Kameras (statt Außenspiegel) in Bildschirmen fort, die den Blick nach hinten dokumentieren.

Optisch orientieren sich die S-Modelle im Wesentlichen an den übrigen e-trons. Wegen der um fünf Zentimeter an den Radläufen breiteren Karosserie steht der S allerdings bulliger auf den Rädern. Auch Kühlergrill sowie Front- und Heckspoiler verraten dem Betrachter den Leistungszuwachs. Um die Windschlüpfigkeit zu erhöhen, öffnen beispielsweise die Kühljalousien nur, wenn den Bremsen oder der Leistungselektronik zusätzliche Luft zugeführt werden muss, außerdem bieten die optionalen schlanken Kameras, die als Außenspiegel fungieren, dem Fahrtwind weniger Widerstand. In der Sportback-Version bleibt so nur noch ein formidabler CW-Wert von 0,26 übrig.

Im Innenraum bestimmen dunkle Töne das Erscheinungsbild. Die elektrisch einstellbaren Leder-/Alcantara-Sitze tragen S-Prägungen mit Raute. Auf Wunsch gibt es spezielle S-Sitze mit ausgeprägten Seitenwangen, die den Kurvenhalt erhöhen. Die Dekorblenden präsentieren sich in dunkel gebürstetem Aluminium oder offenporigem Carbon.

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Schaltwerk: Nahezu alle Fahrzeug-Funktionen werden im e-tron über Bildschirme angefordert oder justiert.

Wie bei allen Oberklasse-Modellen von Audi konzentriert sich das Bedienkonzept auf zwei Bildschirme, auf denen die Tasten und Knöpfe virtuell dargestellt werden. Nicht unbedingt die beste Lösung, da bei Bodenwellen die Trefferquote abnimmt. Der dritte Bildschirm direkt vor dem Fahrer beheimatet alle Informationen zu den Fahrzuständen plus individuell einstellbaren Details.

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Raumgefühl: Auch die Hinterbänkler müssen im Sportback nicht darben.

Gesamteindruck: Alles ist premium auch der Preis. Der e-tron S ist nicht unter 93.800 Euro zu haben, beim optisch sportlicher auftretenden e-tron S Sportback, mit dem der mid im Altmühltal eine flotte Runde drehte, rauscht der Pegelstand auf dem Bankkonto mindestens um 96.050 Euro nach unten. Die variantenreiche Aufpreisliste birgt für beide Modelle genügend Chancen, die Abbuchung geschmeidig in den sechsstelligen Bereich zu treiben.

Ab August 2020 kann der Kunde, für den es gern etwas mehr sein darf, sein Begehren beim Händler melden. Die ersten Auslieferungen sind für Oktober 2020 geplant.

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Kraftvoller Ausritt: mid-Autor Klaus Brieter bricht mit dem knallroten Audi e-tron S Sportback zu einer flotten Runde auf.


Technische Daten Audi e-tron S quattro Sportback:

- Länge / Breite / Höhe: 4,90 / 1,99 / 1,62 Meter
- Motor: drei Asynchron-Elektromotoren
- Leistung: 322 kW/438 PS (Boost-Funktion bis 370 kW/503 PS)
- max. Drehmoment: 808 Nm (Boost-Funktion bis 973 Nm)
- Antrieb: Allradantrieb
- Beschleunigung: 0 bis 100 km/h in 4,5 Sekunden
- Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h (elektronisch abgeregelt)
- Normverbrauch je 100 km: 27,2 - 29,0 kWh/100 km
- CO2-Emissionen: 0 g/km
- Preis: ab 96.050 Euro mid/brie Bildquelle: Audi






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