Renault Zoe im Alltagstest: Das Volks-E-Auto?

| 15.12.2017


Beide sind Bestseller in ihrer Klasse - der Zoe als meistverkaufter Elektro-Pkw in Europa, der Golf führt seit Jahren die EU-Zulassungs-Charts bei den Kompakten und auch insgesamt an. Der Wolfsburger hat sich diesen Status über Jahrzehnte verdient, der französische Kleinwagen ist dagegen ein regelrechter Senkrechtstarter. Woran das liegen könnte, finden wir im mid-Test heraus.

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Der Renault Zoe ist in Europa das meistverkaufte Elektroauto. Was der Franzose drauf hat, hat der mid im Alltagstest überprüft.

Vorweg: Der Zoe ist mit vier seitlichen Türen, seinem für die Kleinwagen-Klasse guten Platzangebot für Mensch und Gepäck (338 Liter Kofferraumvolumen) und den 400 Kilometer Normreichweite - in der Praxis sind es etwa 280 Kilometer - ein alltagstaugliches Auto für die allermeisten Bedürfnisse. Die Leistung des E-Motors von 92 PS in der Spitze und 65 PS Dauerleistung klingt doch sehr nach Verzicht, ist es in der Stadt und auf der Landstraße aber keinesfalls. Grund sind die 220 Newtonmeter Drehmoment.

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Der Zoe trägt ein schickes Blechkleid und ist dank vier Türen auch gut für Familien mit Kindern geeignet.

Damit reißt der Franzose nicht gerade Bäume aus, aber ausreichend ist das allemal. Aus dem Stand beschleunigt er in vier Sekunden auf Tempo 50 - das ist richtig zügig. Danach wird es zäh, bis die Tachonadel die 100er-Marke reißt, vergehen 13,2 Sekunden. Das war aber vor wenigen Jahren noch ein völlig normaler Wert für einen Kleinwagen. Und Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn erreicht der bei 135 km/h abgeregelte Stromer auch. Das Fahrwerk und die Lenkung des Zoe geben kaum Anlass zur Kritik. Er ist vergleichsweise straff, aber keineswegs zu hart gefedert und nimmt Kurven dank des - wegen der rund 300 Kilo schweren Batterie im Unterboden - niedrigen Schwerpunkts mit Leichtigkeit.

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Der Renault Zoe ist mit entsprechender Lade-Infrastruktur ein alltagstaugliches E-Auto. Aber er ist im Vergleich zu den Konkurrenten schlicht zu teuer.

Das Interieur wirkt mit digitalen Fahranzeigen mittigem Touchscreen und wenigen Knöpfen und Schaltern modern, in Anbetracht der harten Kunststoffe aber auch sehr zweckmäßig und nicht gerade anheimelnd. Die Ergonomie ist gut, die einteiligen Sitze recht bequem, und das an den Seiten perforierte Lederlenkrad liegt gut in der Hand. Die serienmäßige Navigation mithilfe von TomTom live erfolgt über das Infotainment-System R-Link Evolution und funktioniert weitestgehend problemlos. Zum Standard-Equipment zählen außerdem unter anderem eine Klimaautomatik und ein Tempomat mit Limiter. In der gefahrenen Intens-Ausstattung kommen etwa eine Einparkhilfe, Keyless-Go, Licht- und Regensensor, eine Rückfahrkamera und 16-Zoll-Leichtmetallfelgen hinzu. Gar nicht schlecht, aber auch nicht billig, doch dazu später mehr.

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Das Interieur wirkt modern, die Bedienelemete sind sinnvoll angeordnet. Allerdings kommt auch breitflächig recht harter Kunststoff zum Einsatz.

Kommen wir zum Laden. Wer das Auto täglich nutzen möchte, dem sei dringend eine Wallbox ans Herz gelegt, die in der Renault-Preisliste je nach Ausführung für 939 bis 1.639 Euro zu haben ist - das entsprechende Ladekabel ist serienmäßig an Bord. Denn über die Haushaltssteckdose dauert das Laden der größeren 41 kWh-Batterie mit zehn Ampere von 0 auf 100 Prozent völlig indiskutable 25 Stunden. Für das Laden über Nacht muss also schon einmal die Infrastruktur für das Laden mit 400 Volt Drehstrom und elf Kilowattstunden Ladeleistung her, wodurch ein Ladevorgang in 4,5 Stunden möglich ist. Noch schneller geht es mit 22 kW Ladeleistung, womit der Zoe von Null auf 80 Prozent eine Stunde und 45 Minuten benötigt. Da macht es dann auch Sinn, zwischendurch für ein Stündchen an der Schnellladesäule anzudocken - so denn eine vorhanden ist. Ob der Renault Stromer also alltagstauglich ist, entscheidet sich durch die Wahl der Infrastruktur.

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Die einteiligen vorderen Sitze des Zoe sind bequem.

Klingt ja alles ganz gut bis hierher. Doch es gibt ein "aber", und zwar eines, das sich gewaschen hat: der Preis. Die Kinnlade sollte beim ersten Zusammenrechnen besser etwas Abstand zu harten Oberflächen haben, sonst könnte ein längerer Besuch beim Zahnarzt anstehen. Kommen wir zum eingangs angerissenen Vergleich des Zoe mit dem VW Golf zurück. Außer dem Verkaufserfolg haben die nämlich noch eine Gemeinsamkeit: Der gefahrene Zoe mit großer Batterie in der Intens Ausstattung kostet mit Kauf-Akku statt Miete 35.900 Euro - 12.000 Euro entfallen allein auf den Energiespeicher.

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In Reihe zwei sind die Platzverhältnisse für einen Kleinwagen üppig bemessen.

Der Leser mag ahnen was kommt. Richtig, der e-Golf mit kaum kleinerer 35,8 kWh-Batterie und mindestens ebenbürtiger Ausstattung kostet bis auf den Cent das Gleiche. Klar reißt der Stromer aus Wolfsburg mit optionaler Ausstattung auch locker die 40.000er-Marke, aber vieles davon gibt es eben für den Zoe gar nicht. Und der Basis-e-Golf kann praktisch alles, was der Zoe kann deutlich besser: Platzangebot, Materialauswahl, Fahrleistungen - diese beiden Autos trennen gefühlt Welten. Gleiches gilt für den Hyundai Ioniq Elektro, der allerdings nur eine 28-kWh-Batterie an Bord hat. Der Koreaner kostet in der schon recht reichhaltigen mittleren Ausstattung Style 35.500 Euro, in der "fast Volle-Hütte"-Version unter anderem mit belüfteten Ledersitzen 38.000 Euro.

Fazit: Der Renault Zoe ist mit entsprechender Lade-Infrastruktur ein alltagstaugliches und irgendwie knuffiges E-Auto. Aber er ist im Vergleich zu den Konkurrenten schlicht zu teuer. Bleibt zu hoffen, dass die Franzosen angesichts der purzelnden Akku-Preise eine Anpassung hinbekommen. Ein günstiges Volks-E-Auto ist der Zoe momentan nämlich nicht.

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Das Ladevolumen des Kofferraums beträgt je nach Stellung der Sitze 338 bis 1.225 Liter. Das Ladekabel ist im Serienumfang enthalten, eine Wallbox zum schnellen Laden kostet aber Extra.

Technische Daten Renault Zoe Z.E 40 Intens:
Fünftüriger Kleinwagen mit fünf Sitzplätzen, Länge/Breite (ohne Seitenspiegel)/Höhe/Radstand in Millimeter: 4.085/1.730/1.562/2.588, Leergewicht: 1.555 kg, Zuladung: 411 kg, zul. Gesamtgewicht: 1.966 kg, Kofferraumvolumen: 338-1.225 l, Wendekreis: 10,56 m.
Antrieb: Fremderregter Drehstrom-Synchron-Elektromotor, max. Leistung: 68 kW/92 PS bei 3.000 U/min, Nenndauerleistung: 43 kW/65 PS, max. Drehmoment: 220 Nm bei 250-3.000 U/min, Höchstgeschwindigkeit: 135 km/h (abgeregelt), Beschleunigung 0-100 km/h: 13,2 s, automatisches Untersetzungsgetriebe, Normverbrauch: 13,3 kWh/100 km, CO2-Emission: 0 g/km, Testverbrauch: 15,7 kWh/100 km, Frontantrieb, Grundpreis: ab 27.900 Euro mit Mietbatterie, ab 35.900 Euro inklusive Batterie 41 kWh. mid/ts Bildquelle: Thomas Schneider / mid






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