Bayerns dickster Achter

| 23.03.2019


Der große, orange lackierte Wagen aus Ingolstadt fällt trotzdem sofort auf. "Ist das der neue Q8?", fragt ein Mitt-Fünfziger, der gerade seinen Mercedes GLE ausgeparkt hat, aus dem offenen Fenster. Ja, ist es. Der Mann hält, steigt aus und wirft einen Blick in den Innenraum. "Wow", staunt er, "das ist ja klasse. Ich will mir gerade wieder einen GLE bestellen, aber der hier - auch nicht schlecht."

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Quattro-Revier: Kurvige Bergstrecken, beispielsweise Richtung Wintersport.

Das Cockpit mit seinen hochglänzenden Touchscreens und das üppige Raumgefühl des aktuellen Flaggschiffs aus der Audi-Q-Flotte verfehlen ihre Wirkung nicht. Und nicht nur hier, im Skigebiet am Wilden Kaiser, sondern überall, wo der große Wagen auftaucht, recken Leute die Hälse. Das liegt zum einen an der auffälligen Lackierung des Testwagens, aber auch am eigenständigen Design mit der coupé-artig abfallenden Dachlinie: Audi ist es gelungen, ein SUV auf die Räder zu stellen, das als neues Modell wahrgenommen wird - und eben nicht nur als Karosserie-Variante des Q7.

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Am Ziel: Der Q8 in Scheffau am Wilden Kaiser.

Überhaupt ist die Abgrenzung dieser beiden Modelle ein interessantes Thema. Das beginnt beim Außen-Design, das den jeweiligen Einsatzzweck widerspiegelt: Während der Audi Q7 das luxuriöse, bis zu sieben Sitzplätze bietende Familiengefährt gibt, wendet sich der Q8 mit straffer gezeichneter Karosserie an sportlich orientierte, automobile Genießer; oder gut betuchte Paare, deren Kinder das heimische Nest womöglich schon verlassen haben.

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Warme Farben: Audi Q8 in "drachenorange" vor dem Hotel Kaiser in Holz und Stein.

Das zeigt auch das Interieur: Während der Q7 über eine (mittlerweile selten gewordene) Sitzanlage mit drei vollwertigen Plätzen verfügt, bietet der jüngere Bruder zwei komfortable Einzelsessel plus Sitzpolster in der Mitte. Umklappen, um beispielsweise Ski durchzuladen, lassen sich die mittleren Segmente natürlich bei beiden Lösungen. Überhaupt, das Thema Gepäck: Wer befürchtet, der Platz dafür sei im Q8 eher knapp bemessen, der sieht sich nach dem Aufschwingen der (natürlich elektrisch betätigten) Heckklappen eines Besseren belehrt. Hier findet Gepäck auch für die größere Reise locker Platz; nach Umklappen der Rückenlehne lässt sich auch Sportgerät laden - die Unterschiede zum Q7 sind marginal.

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Mächtig und typisch für einen Q-Audi: der Single Frame Kühlergrill mit acht Ecken.

Deutlicher fallen sie am Fahrerplatz aus. Das große, helle virtuelle Cockpit tragen beide; doch während der Q7 in der Mittelkonsole noch mechanische Schalter zeigt, ist im Q8 - wie schon in den Limousinen A6 und A8 - alles per Klick auf eine gläserne Touch-Fläche zu erledigen. Das ist für manchen durchaus Geschmackssache, doch nach einiger Zeit gewöhnt man sich an die neue digitale Welt. Wobei auch hilft, dass die virtuellen Schalter echten Druck-Widerstand simulieren.

Diese neueste Generation des Bediensystems hört dem Fahrer auch besser zu, wenn dieser die Sprachsteuerung nutzt. Musste er bislang genau definierte Befehle geben, um etwa ein Ziel ins Navi einzugeben, kann er nun so frei sprechen, wie er es von "Alexa" oder "Siri" gewohnt ist. "Führe mich zum Flughafen" oder "Navigiere mich zum Airport" ist da, dank ständiger Online-Anbindung, einerlei.

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Ein neues Mitglied der Q-Familie: Höher geht's (bislang) nicht im Modellprogramm.

Ausgerechnet mit dem Namen des Ziels dieser Testfahrt ("Kaiser Lodge") kann das Bordsystem nichts anfangen. Erst die Ankopplung des iPhones per Carplay zaubert die Route aufs Display. Dass das Telefon beim kontaktlosen Laden in der QI-Schale stets Apple Pay öffnet, als müsse man nun etwas bezahlen, ist offenbar ein Bug des Telefons.

Perfekt wiederum der Motor - in diesem Fall der V6-Turbodiesel mit 286 PS. Audi und Diesel, das ist ja bekanntlich so eine Sache, aber dieser Selbstzünder ist einfach eine Klasse für sich. Mit enormer Kraft schiebt er den schweren Wagen voran, bleibt dabei aber sanft und leise wie ein hubraumstarker Benziner - und nimmt deutlich weniger Sprit. Der reale Verbrauch bleibt mit 7,5 Liter Diesel je 100 Kilometer moderat.

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Der steckt was weg: Trotz Coupé-Anmutung des Hecks passen Ski-Klamotten in den Gepäckraum, die Ski selber lassen sich durchladen.

Bei Autobahn-Tempo 130 ist der Antrieb nicht zu hören; und da auch Wind- und Abrollgeräusche leise bleiben, kommt auf großer Fahrt Limousinen-Feeling auf. Zu dem trägt auch die optionale adaptive Luftfederung bei. Die bietet natürlich einen Dynamik-Modus, aber heftige Heizerei passt nicht wirklich zu den großen Audi-SUVs - egal, ob eine 7 oder 8 hinter dem Q steht.

So klickt man schnell wieder auf Comfort oder Automatik, rollt entspannt daher, lässt sich durch die Assistenz-Systeme unterstützen und genießt die komfortable Fahrt. Ob man den Hauch mehr Sportlichkeit des Q8 den Vorzug gegenüber dem konventionelleren Q7 gibt - das ist dann letztendlich wirklich Geschmackssache.

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Moderne Zeiten: Cockpit mit virtuellem Display und fast kompletter Touch-Bedienung.

Technische Daten
Audi Q8 50 TDI quattro, Fünftüriges, fünfsitziges SUV; Länge/Breite mit/ohne Außenspiegel/Höhe/Radstand: 4.986/2.190/1.995/1.705/2.995 mm, Leergewicht: 2.145 kg, Zuladung: 745 kg, Anhängelast gebremst/ungebremst: 3.500/750 kg, Kofferraumvolumen: 605 - 1.755 l, Tankinhalt: 75 l, Preis: ab 76.300 Euro (55 TFSI quattro ab 73.300 Euro).
Antrieb: V6 Turbodiesel, Hubraum: 2.967 ccm, Leistung: 210 kW/286 PS bei 3.500 - 4.000 U/min, max. Drehmoment: 600 Nm bei 2.250 bis 3.250 U/min, 8-Gang-Automatik, 0 - 100 km/h: 6,3 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit: 245 km/h, Allradantrieb, Normverbrauch: 6,6 - 6,8 l/100 km, CO2-Emission: 172 - 179 g/km, Schadstoffklasse: Euro 6d-Temp. mid/me Bildquelle: Marcus Efler / mid Bildquelle: Audi






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