Slotracing: Autorennsport für Jedermann

| 10.09.2016


Die funkelnden Augen beim Auspacken, die Vorfreude beim Aufbauen und schließlich das breite Grinsen beim Fahren: Dieses Bild kennen wohl viele, wenn es um die erste eigene Modellrennbahn geht. Doch nicht nur Kinderherzen schlagen hier höher. Weltweit begeistern sich auch immer mehr Erwachsene für das so genannte „Slotracing“. „Slot“ (engl. = Schlitz) steht hier für den Führungsschlitz, der die Modellflitzer leitet.

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Alles begann schon vor rund 130 Jahren mit der Entwicklung der ersten Automobile. Hierbei kamen auch bereits die ersten mechanisch betriebenen Modellautos auf. Progressive, gutbürgerliche Familien schenkten diese ihrem Nachwuchs, welcher damit prompt um die Wette fuhr. Schnell entdeckten auch erwachsene, wettbegeisterte Briten die Miniaturflitzer für sich. Sie entwickelten sie weiter und ließen sie um Geld gegeneinander fahren.

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Parallel dazu entwickelten sich die ersten Rennen mit echten Automobilen. So fand am 22. Juli 1894, auf einer Distanz von 126 Kilometern, das erste Automobilrennen von Paris nach Rouen statt. Die immer häufiger aufkommenden Rennen waren der Anlass, nun auch die ersten Modellrennstrecken zu bauen. Mittels Uhrwerken wurden die weiter geschrumpften Modellflitzer auf ihnen angetrieben und von hoch gebauten Rändern in der Spur gehalten.

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Weitere Entwicklungsstufen sorgten für leichtere Karosserien, indem sie weg von Metall und Holz, hin zu Leichtmetallblechen und leichten, einfach zu bearbeitenden Holzarten, wie dem Balsaholz, gingen. Auch die Antriebsarten wandelten sich. Aus dem Flugzeugmodellbau wurden Miniaturdieselmotoren übernommen. Da die Modellrennwagen durch diese Neuerungen wesentlich an Geschwindigkeit gewannen, wurde auch der Streckenbau überarbeitet. Als Vorbild diente hier der schon seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts existierende Modeleisenbahnbau. Daran angelehnt fuhren die kleinen Rennwagen nun auf einem schienenähnlichen Metallband. Diese Renngattung nannte sich „Railracing“ (Schienenrennen). Die erste Bahn dieses Prinzips wurde 1912 vom amerikanischen Modelleisenbahnbauer Lionel in New York entwickelt.

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Auch diese Evolutionsschritte kamen in den 1950er-Jahren bei Alt und Jung bestens an. Um die Steuerbarkeit der Autos während des Rennens zu verbessern, entwickelten die Schienenrennen-Enthusiasten ihren Rennsport stetig weiter. So wurden die Dieselmotoren durch kleine Elektromotoren ersetzt, die über ein Metallband auf der Strecke mit Strom versorgt wurden. Das Metallband wurde tiefergelegt und die Automodelle durch einen Leitkiel im namensgebenden Führungsschlitz, „Slot“, entlang der Fahrbahn auf Kurs gehalten. Mit dieser Innovation wurden die Rundenzeiten erneut nach unten gedrückt und der Fahrspaß in ungeahnte Höhen katapultiert. Die Steuerung der Geschwindigkeit erfolgte nun über Drehregler und Drucktasten, beispielsweise von Morseapparaten stammend.

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Weitere Neuerungen folgten auf dem Fuß. Die Erfindung des widerstandsfähigen, leichten und günstigen Werkstoffs Plastik machte die Modellautos noch schneller. Um die immer beliebter werdenden „Slotcar“-Rennen örtlich und zeitlich flexibel austragen zu können, entwickelten erfinderische Zeitgenossen die mobile Rennbahn. Einzelne Streckenabschnitte ließen sich nun im Handumdrehen auseinander- und in beliebiger Reihenfolge wieder zusammenstecken. Die Erfindung des ersten kompletten massentauglichen Modellrennbahnsystem wird der englischen Firma Scalextric im Jahre 1957 zugeschrieben.
Die Rennen verbreiteten sich nun wie Lauffeuer. In den 1960er-Jahren eroberten sie auch in Deutschland und den benachbarten Staaten zuerst die Zimmer und dann die Herzen der Kinder und Erwachsenen.

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Unter dem spanischen Begriff „Carrera“ (= für Rennen) brachte die Fürther Firma Neuhierl 1963 ihr erstes Autorennbahnsystem auf den Markt. Die Umsätze der Marke schossen durch die Decke. Konkurrenten wie Fleischmann, Stabo und Märklin konnten Carrera die Marktführerschaft nicht nehmen. In Folge dessen setzte sich der Produktname im deutschsprachigen Raum als Gattungsname für die Rennbahnsysteme durch. Die Maßstäbe 1:60 bis 1:72 (H0), 1:32 (am populärsten) und 1:24 sowie dem vornehmlich für Kinder bestimmten 1:43 etablierten sich.

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Die Slotcar-Faszination schwappte sogar bis über den großen Teich: In den USA der 1960er-Jahre existierten an allen Ecken und Enden so genannte „Model Car Raceways“. Die bis zu 80 Meter messenden Strecken boten auch Loopings und Steilkurven. Während die Amerikaner die einzelnen Fahrbahnen ihrer „Raceways“ vermieteten, konkurrierten die Rennbahnen hierzulande vor allem mit den Modelleisenbahnen. Passende Zusatzartikel zum Tunen und zur Umgebungsgestaltung trugen maßgeblich zum Erfolg bei. Nach rund einem Jahrzehnt verblasste jedoch die Begeisterung für die spurgebundenen Autorennbahnen. Fehlende Innovationen sorgten für eine Marktbereinigung, der zahlreiche Rennstrecken zum Opfer fielen. Selbst der Marktführer Carrera hatte nunmehr mäßigen Erfolg.

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Erst in den 1990er Jahren begann das Revival der spurgeführten Modellrennbahn. Der technische Fortschritt der Zwischenzeit sorgte für neue Innovationen. Nochmals neuen Schwung brachte die Digitalisierung vor rund zehn Jahren. Heute lassen sich je nach Anbieter bis zu acht Fahrzeuge gleichzeitig auf einer Bahn bewegen, die mittels elektrisch betätigter Weichen die beiden Spuren wechseln können. Selbst Geländebahnen mit Hindernissen und offroad-tauglichen Flitzern für Rallye-Dakar-Fans gab es immer wieder. Sie verschwanden allerdings stets recht rasch wieder. Gleiches trifft auf Rennmotorräder für den Schlitz zu.

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Heutige Slotcar-Rennen haben mit ihrem Ursprung immer weniger gemein: Eine Beschleunigung von null auf 100 Stundenkilometer in nur 0,3 Sekunden wäre, genau wie eine Maximalgeschwindigkeit von realen 160 Stundenkilometern, damals schlicht unglaublich erschienen. Heute ist beides Realität. Mit bloßem Auge kaum zu erkennen, jagen die Miniaturboliden der Profis über die Strecken (vornehmlich aus Holz). Mit den weiterhin angebotenen Einsteigerstrecken, beispielsweise als Weihnachtsgeschenk für den Nachwuchs, haben die Profi-Rennen aber natürlich wenig zu tun.

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Genau wie beim Vorbild der echten Rennen wird in der Slotcar-Szene getüftelt, geschraubt, konstruiert und kontinuierlich getestet und verbessert. Mit dem Unterschied, dass der Fahrer hier zeitgleich meist auch Konstrukteur ist. Ihm ist erlaubt, das zu erleben, was sonst nur vorstellbar ist: Ein Rennen zu beobachten, während man gleichzeitig den Rennwagen steuert, dem man gerade zusieht. Mit voller Kontrolle über einen selbstgewählten Modellrennwagen der liebsten Motorsportepoche kann man hier auf dem Nachbau einer echten Rennstrecke fahren – und das im eigenen Zuhause oder in einem der Slotcar-Center. Hetzt ein Fahrer jedoch zu hastig durch die Kurve, so fliegt auch er – trotz Leitkiel – raus. Genau wie im echten Rennsport. Nur mit dem Unterschied, dass beim Rennsport für Jedermann und fast jedes Alter weder Leben und Tod noch ungeheuer teure Rennmaschinen auf dem Spiel stehen. (ampnet/ao)

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Lifestyle News von campino89
Autor: Yannik Maier



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28.06.2018 10:41 | #1

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04.09.2016 19:44 | #2

Ha, die Jugendzeit lebt doch noch!

Kann mich noch recht gut erinnern, dass Slotcarracing in den 60-ern ziemlich angesagt war, man fand damals in vielen Städten öffentliche Bahnen, auf denen man dann für 'ne schmale Mark fahren konnte und zwar sowohl mit eigenen Wagen, als auch mit vor Ort geliehenen Fahrzeugen. Hier in Herford gab es damals gleich 2 öffentliche Bahnen, wo auch ich damals regelmäßig zu finden war. Mit eigenen Fahrzeugen war es besonders reizvoll, da die kleinen Flitzer natürlich getunt wurden, was das Zeug hielt. Ich hatte damals 2 eigene am Start, da da gerne mal was in die Brüche ging, wenn es einen mal wieder in der Kurve rausgehauen hat. Die Karossen waren im Allgemeinen recht dünn und brachen schnell. Hauptsächlich wurde damals mit den Motoren gebastellt, was das Taschengeld halt hergab. Soweit ich mich entsinne, brachten damals gute Serienmodelle, die schon mal an die 100 DM kosten konnten, so rund 25.000 U/pm auf die Bahn; es gab aber auch sogenannte "Hemi-Motoren" die es durchaus auf 30 bis 32.000 U/pm brachten, aber die waren schweineteuer.
Ich entsinne mich, dass ich damals unter Anderem einen in der Anschaffung recht günstigen ( um die 30 DM) Ferrari der Fa. Faller hatte, der anfangs ziemlich von der Konkurrenz belächelt wurde, da er nur so 23.000 U/pm brachte und obendrein schwerer war. Dafür war aber die Karrosse deutlich stärker und widerstandsfähiger. Aber der Hauptgag lag darin, dass dieses Teil im Gegensatz zur leichten Konkurrenz über eine Hinterradbremse verfügte, die mittels Fliehkraft arbeitete. Somit konnte man vor den Kurven das Gas deutlich länger stehen lassen, ohne gleich 'nen Abflug zu riskieren. Nach einer nicht ganz einfachen Umrüstung auf einen 32.000-er Hemi ging das Ding wie die Sau. Als dann mal die Bremse nicht wollte wie sie sollte, hat es mir das Teil in der Steilkurve aus der Bahn und durch geschlossene Fenster gehauen :dancing:

Hab neulich durch Zufall entdeckt, dass es zum Beispiel in Leverkusen-Opladen noch eine öffentliche Bahn gibt, die allerdings deutlich kleiner ist, als die recht große damals in Herford, die wenn ich mich recht entsinne 8-spurig war, mit 2 Steilkurven und Spuwechsel.